Gemeindeversammlung genehmigt Rückzonungen in Escholzmatt-Marbach
Die 65 Stimmberechtigten haben an der Gemeindeversammlung vom 20. September 2023 die Rückzonungen im Rahmen einer Teilrevision der Ortsplanung nach den Anträgen des Gemeinderates umgesetzt. Insgesamt werden 1.87 ha Bauzonen umgezont. Der Gemeinderat hat bei verschiedenen Rückzonungsflächen eine Auszonung als unverhältnismässig erachtet und daher eine vom Kanton abweichende Rückzonungsstrategie vorgeschlagen. Die Gemeindeversammlung hat mit knapper Mehrheit aufgrund eines Antrages von Daniel Hatt den Gemeinderat beauftragt, eine Vorlage weiterzuverfolgen, wonach die von der Rückzonung betroffenen Grundstückseigentümer von der Gemeinde Escholzmatt-Marbach eine Entschädigung für die materielle Enteignung im Zusammenhang mit der Rückzonung von Bauland in Landwirtschaftsland erhalten sollen.
Die Gemeinde Escholzmatt-Marbach weist überdimensionierte Bauzonen auf. Damit widerspricht der Zonenplan dem Bundesrecht. Die Gemeinde hat eine theoretische Überkapazität von 7.4 ha Bauland, gemäss Stellungnahme des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartementes sind 3.2 ha zurückzuzonen, davon erachtet der Kanton ca. 0.6 ha zurzeit nicht als verhältnismässig, was eine Rückzonungsfläche von netto 2.6 ha ergibt. Die Umweltverbände verlangen noch weiter 1.11 ha zurückzuzonen. Nach der von der Gemeinde zusammen mit der Ortsplanungskommission erarbeiteten Vorlage werden 1.87 ha zurückgezont.
Gemäss rechtsgültigem Zonenplan verfügt die Gemeinde Escholzmatt-Marbach nach Berechnungen des Luzerner-Bauzonen-Analyse-Tools (LUBAT) über eine theoretische Einwohnerkapazität von 5’600 Personen. Mit der vorliegenden Teilrevision Rückzonungen vermindert sich die Kapazität theoretisch um rund 124 auf 5’476 Personen. Bei der Anwendung des Wachstumsfaktors von 0.4 % pro Jahr beträgt die massgebende Einwohnerzahl im Jahr 2035 für die Beurteilung eines künftigen Einzonungsbedarfs ca. 4’700 Einwohner. Daraus leitet der Kanton die Rückzonungsmöglichkeiten ab. Ausser Acht gelassen wird jedoch die effektive Verfügbarkeit von Bauland.
Bei einigen Flächen wird eine Rückzonung zwar als raumplanerisch zweckmässig, zurzeit jedoch als nicht verhältnismässig beurteilt. Bei diesen Parzellen gilt eine Überbauungsfrist von zwei Jahren ab Rechtskraft der Rückzonungsstrategie für die Eingabe eines bewilligungsfähigen Baugesuchs sowie eine weitere Frist von zwei Jahren ab erteilter Baubewilligung für die Realisierung der Überbauung. Die Gemeinde schliesst mit der Grundeigentümerschaft jeweils einen Baupflichtvertrag ab.
Die von einer Rückzonung betroffenen Grundeigentümer können bei der kantonalen Schätzungskommission nach Enteignungsgesetz innert zehn Jahren nach Rechtskraft der Genehmigung der Nutzungsplanung eine begründete Entschädigungsforderung stellen. Bei Gemeinden mit überdimensionierten Bauzonen entspricht die Nutzungsplanung nicht den Anforderungen des Raumplanungsgesetzes. Die Hürden für eine Entschädigung in Gemeinden mit überdimensionierten Bauzonen sind dementsprechend hoch. Daniel Hatt zeigte sich überzeugt, dass kaum eine Entschädigung nach dem Enteignungsgesetz zu erwarten ist, weshalb er die Stimmberechtigten auffordert, selber zu handeln und für Gerechtigkeit zu sorgen und in der Bundesverfassung verankerten Eigentumsgarantie nachzuleben. In seinem Antrag fordert er von der Gemeinde, dass die von der Rückzonung betroffenen Grundstückseigentümer von der Gemeinde Escholzmatt-Marbach eine bedingungslose Entschädigung von 75 Franken pro Quadratmeter für die materielle Enteignung im Zusammenhang mit der Rückzonung von Bauland in Landwirtschaftsland erhalten sollten. Dabei sollen verschiedene Bedingungen aufgestellt werden. Wie die versammlungsleitende Gemeinderatsvizepräsidentin Jeannette Riedweg festhält, geht dieser Antrag über den traktandierten Verhandlungsgegenstand der «Teilrevision Rückzonungen» hinaus. Die Entschädigung ist nicht Gegenstand des Rückzonungsgeschäftes. Die finanziellen Folgen waren nicht traktandiert. Der Gemeinderat hat empfohlen, den Antrag nicht weiterzubearbeiten, zumal die Entschädigung im kantonalen Recht geregelt ist und mit Entschädigungsforderungen zwischen 1.1 und 2.5 Millionen Franken gerechnet werden müsste. Angesichts der Überschüsse in den letzten Jahren erachtet der Antragsteller diese Forderungen für die Gemeinde als tragbar. Die Gemeindeversammlung kann nach Art. 22 der Gemeindeordnung einen Antrag zu einem nicht traktandierten Geschäft dem Gemeinderat zur Weiterbearbeitung überweisen, wonach das Geschäft innert Jahresfrist der Gemeindeversammlung vorzulegen ist. Mit einer Stimme Differenz ist der Antrag schliesslich an den Gemeinderat überwiesen worden.
Zur Umsetzung der Rückzonungsstrategie sind 9 Einsprachen, teilweise mit mehreren Anträgen eingegangen, unter anderem von der Dienststelle Raum und Wirtschaft des Kantons Luzern und von verschiedenen Umweltverbänden. Drei Einsprachen wurden vorbehaltlos und ohne materielle Änderung an der Vorlage zurückgezogen oder konnten erledigt werden. Eine Einsprache wurde mit einer Änderung an der Vorlage erledigt und bei sieben Einsprachen hat die Versammlung die Abweisung beschlossen. Ein Votant verlangte, dass alle Rückzonungen abgelehnt werden, wogegen in einem anderen Votum demgegenüber die Auszonung von weiteren Parzellen gefordert wurden. Die Gemeindeversammlung hat jedoch alle Anträge des Gemeinderates grossmehrheitlich angenommen. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass die Gemeindeversammlung damit den Rückzonungsforderungen nach dem Raumplanungsgesetz gerecht geworden ist und eine ausgewogene und vertretbare Lösung beschlossen hat.
Die Beschlüsse der Gemeindeversammlung werden den Einsprechern und den betroffenen Grundeigentümerschaften innert drei Arbeitstagen mitgeteilt. Die Beschlüsse können innert 20 Tagen seit Beschlussfassung beim Regierungsrat mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden. Die revidierte Ortsplanung wird dem Regierungsrat zur Genehmigung eingereicht.